Kinder- und Jugendschutz
Vom Kinderzimmer an die Front: KJM kritisiert Kriegsspiele zu Unterhaltungszwecken
Brutale Gewalt, rücksichtslose Kompromisslosigkeit und scheinbarer Realismus - diese Charakteristika zeichnen Kriegsspiele aus. Sie gehören zu den Bestsellern der Gamesbranche.
25.03.2010
Obgleich viele dieser Spiele nur für Erwachsene freigegeben sind, werden sie auch und gerade deshalb gern von Jugendlichen gespielt. Das sieht die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) kritisch. Denn die Verharmlosung oder Befürwortung von Gewalt kann Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung beeinträchtigen. Unter dem Titel: „Vom Zinnsoldaten zum virtuellen Warrior: Wenn das Kinderzimmer zum Kriegsschauplatz wird“ lud die KJM deshalb gestern auf der Munich Gaming, einem Fachkongress der Medien- und Gamesbranche, in München zur Diskussion. Es moderierte Thomas Krüger, der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung und KJM-Mitglied.
In einem einleitenden Impulsreferat forderte der Vorsitzende der KJM, Prof. Dr. Wolf-Dieter Ring, ein Umdenken der Branche: „Wenn Computerspiele - zu Recht - offiziell als Kulturgut deklariert werden, dann sollten sie diesen Anspruch auch erfüllen. Es ist ein Missverhältnis, dass viele der beliebtesten Spiele nach wie vor auf Gewalt fokussieren und auf den einschlägigen Messen intensiv beworben werden.“
Oberst i.G. Siegfried Morbe, Bereichsleiter Grundlagenangelegenheiten am Zentrum für Innere Führung der Bundeswehr, Koblenz, berichtete zum Einstieg in die Diskussion von seinen Alltagserfahrungen: „Unsere Soldatinnen und Soldaten spielen solche Spiele, in denen Kriegsverbrechen stattfinden. Bei der Bundeswehr müssen wir ihnen dann erst wieder mühsam Werte vermitteln.“ Dennoch würden in der Ausbildung beim Bund auch solche Spiele eingesetzt. Morbe: „Aber keinesfalls, um die Tötungshemmung zu senken, sondern um Kriegsverbrechen zu zeigen, also das Negativbeispiel zu illustrieren.“
Wie Negativbeispiele aus Kriegsspielen auf Kinder und Jugendliche wirken, problematisierte Verena Weigand, die Leiterin der KJM-Stabsstelle: „Spiele mit realistischen Kriegsszenarien sind problematischer als Fantasy-Spiele mit dem gleichen Ausmaß an Gewalt. Was sind das denn für Werte, die Kinder und Jugendliche vermittelt bekommen, wenn Krieg zu Unterhaltungszwecken eingesetzt wird?“
„Überall ist Krieg, also auch im Game“, konterte darauf Olaf Wolters, der Geschäftsführer des Bundesverbands für Interaktive Unterhaltungssoftware. Er betonte aber, dass „Erwachsene, nicht Kinder die Zielgruppe solcher Spiele“ seien. Es gäbe „in der Industrie das Bedürfnis, Games altersgerecht anzubieten“.
Dass dieses Bedürfnis allein keinen ausreichenden Jugendschutz gewährleiste, hob Prof. Dr. Thorsten Quandt vom Lehrstuhl für Kommunikationswissenschaft an der Universität Hohenheim in der Diskussion hervor: „Die Altersfreigaben sind nicht das Hauptproblem, die Durchsetzung ist das Hauptproblem.“ Es sei belegt, dass zwei Drittel der jugendlichen Spieler Computerspiele spielen, die für sie noch nicht freigegeben sind. Seine Forderung deshalb: „Wir brauchen eine intensivere gesellschaftliche Debatte über das Thema. Eltern müssen wissen, was ihre Kinder spielen.“
Dass ein noch besserer Jugendschutz nur mittels einer gesellschaftlichen Debatte und dem Dialog mit der Branche erreicht werden kann, ist auch die Überzeugung der KJM, deren Vorsitzender Prof. Dr. Wolf-Dieter Ring auf der Veranstaltung betonte: „Es geht nicht um platte Verbote. Es geht vielmehr um intelligente Strategien für jugendschutzkonforme Spieleinhalte.“ Die KJM setzt in Bezug auf Onlinespiele auf einen verstärkten Einsatz von technischen Mitteln und geschlossenen Benutzergruppen.
Quelle: Kommission für Jugendmedienschutz (KJM)
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