Europa

Uekermann: Europa ist nicht selbstverständlich

Die Redaktion des Fachkräfteportals hat die Vorsitzende der Jusos im Hinblick auf die kommende Europawahl am 25. Mai befragt. Johanna Uekermann spricht über Chancen, Entwicklungsmöglichkeiten und die Bedeutung der Jugend in Europa.

15.05.2014

Johanna Uekermann, Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten in der SPD (Jusos), ist bereits mit 14 Jahren der SPD beigetreten und seitdem politisch ehrenamtlich sowie mittlerweile hauptamtlich aktiv.

Fachkräfteportal: Wieso ist Ihnen Europa wichtig?

Johanna Uekermann: Ich gehöre der Generation an, die gerade noch mitbekommen hat, dass Europa in seiner jetzigen Form nicht selbstverständlich ist. Ich erinnere mich noch gut an Grenzkontrollen und habe den Übergang von der D-Mark zum Euro als Schülerin erlebt. Inzwischen kennt das Zusammenleben in Europa keine Grenzen mehr und funktioniert nur mit grenzüberschreitenden politischen Lösungen. Europa ist eine tolle Errungenschaft! Aber es läuft auch viel falsch, deswegen ist diese Europawahl auch so wichtig. Die Jugendarbeitslosigkeit in vielen Ländern ist hoch wie nie. Wir müssen den jungen Menschen  dringend Zukunftsperspektiven bieten. Die Europäische Union ist für mich die Chance, dass alle Bürgerinnen und Bürger auf dem ganzen Kontinent ihre jeweiligen Lebensentwürfe verwirklichen können.

Wie können junge Menschen an europäischer Politik teilhaben?

Also in erster Linie natürlich dadurch, dass sie ihre Stimme abgeben und wählen gehen. Wir setzen uns auch für eine Absenkung des Wahlalters ein. Wir finden: Wer alt genug ist, einen Ausbildungsvertrag zu unterschreiben und damit bereits über seine weiteren Lebensplanung entscheidet, muss auch seine politischen Interessen klar vertreten dürfen. Sich direkt in die Politik einmischen kann man sich auch bei uns im Verband, durch die Mitarbeit im internationalen Bereich. Gemeinsam mit unserer europäischen Partnerorganisation YES (Young European Socialists) haben wir zum Beispiel die Jugendgarantie durchgesetzt. D.h., dass jeder arbeitslose Jugendliche nach spätestens vier Monaten ein gutes Angebot für einen Job, eine Ausbildung oder ein Praktikum erhalten soll.

Warum sollten sich besonders junge Menschen in europäische Politik einbringen?

Junge Menschen sind von der Krise im Moment besonders betroffen. Nicht nur arbeitslose Jugendliche in Südeuropa müssen sich für ein Europa einsetzen, das ihnen eine Zukunft garantiert. Auch bei uns gibt es prekäre Beschäftigung. Gemeinsam müssen wir uns dafür einsetzen, dass die EU nicht weiter kaputt gespart wird.

Europäische Politik betrifft uns aber auch ganz konkret im Alltag: Die EU bietet Schutz beim Einkauf im Internet, das Recht überall in Europa eine Beschäftigung aufzunehmen und hat ein baldiges Ende der hohen Extragebühren, die beim Surfen und Telefonieren im EU-Ausland anfallen, durchgesetzt. Auch das aktuelle Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Vorratsdatenspeicherung zeigt, wie europäische Politik uns betrifft und Bürgerrechte stärken kann. Europa ist unsere Zukunft – deswegen sind wir Jungen es, die diesen Kontinent auch gestalten müssen.

Häufig hört oder liest man Aussagen wie „Ich habe keine Lust mehr auf Europa. Europa bringt mir nichts“. Woran liegt das? Und welche Argumente für Europa finden Sie, um dagegen zu halten?

Leider wird häufig ein falsches Bild von der EU gezeichnet. Auch die Medien verstärken das. In Brüssel geht es aber nicht nur um Gurkennormen. Wir alle leben in Europa, uns alle betrifft Europa. Spätestens wenn man einmal an einem Austauschprogramm teilgenommen hat, versteht man die europäische Idee in ihrer Gänze. Klar ist aber auch, dass sich in Europa vieles verbessern muss. Die Jugendarbeitslosigkeit muss gesenkt werden. Unternehmen dürfen nicht weiter in Länder mit niedrigen Steuern flüchten können. Es muss gleiche Mindeststeuersätze in der EU geben und öffentliche Aufgaben müssen auch in öffentlicher Hand bleiben.

Es ist unsere Aufgabe als junge Generation daran mitzuwirken, ein solidarisches, offenes, gerechtes Europa zu gestalten.

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