Gesundheit

Kinder- und Jugendärzte fordern Präventionsgesetz

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) hat anlässlich der bevorstehenden Wahlen die großen Parteien zu ihren Vorstellungen einer künftigen Gesundheitspolitik für Kinder und Jugendliche befragt. Die Antworten liegen nun - pünktlich zum Weltkindertag - vor - und sie verheißen nichts Gutes für die Zukunft der medizinischen und psychosozialen Versorgung der Kinder und Jugendlichen, wie der BVKJ heute in Köln kritisierte.

15.09.2009

„Die gesundheitspolitischen Vorstellungen der großen Volksparteien kreisen hauptsächlich um die Versorgung chronisch kranker Erwachsener. Von rechtzeitiger Prävention im Kindes- und Jugendalter, mit der man viele chronische Krankheiten verhindern oder zumindest im Verlauf mildern könnte, ist kaum die Rede. Die Antworten zeigen ein bemerkenswertes Defizit an medizinischem Sachverstand, gepaart mit politischer Engstirnigkeit,“ so BVKJ-Präsident Dr. Wolfram Hartmann.

„Von den von uns befragten Parteien sind nur drei bereit, sich für ein Präventionsgesetz stark zu machen, zwei sprechen sich gegen eine solche „zentralistische“ Regelung aus. Dabei würde ein solches Präventionsgesetz endlich eine Standardisierung der zur Zeit von Bundesland zu Bundesland verschiedenen Präventionskonzepte und -qualitäten garantieren, dies durch länderübergreifend klare gesetzliche Vorgaben für den Ausbau von Vorsorgeuntersuchungen, für primärpräventive Beratungen zur Ernährung, Bewegung und zu gesundem Verhalten sowie für frühkindliche Fördermöglichkeiten, hier insbesondere zur Sprachanregung.“

Ein besonderes Anliegen des BVKJ ist die vorschulische Förderung der Kinder, insbesondere aus armen Familien und aus Familien mit Migrationshintergrund, um die Chancen auf einen guten Schulabschluss und damit eine gute Sozialprognose zu verbessern. Nur zwei Parteien waren bereit, hierfür zusätzliche Gelder zu garantieren. „Wir wissen aber, dass die Betreuungsschlüssel in den KiTas und Kinderkrippen für solche Förderaufgaben viel zu gering angelegt sind“, beklagt Hartmann. „Gegenwärtig muss in Kitas - mit leichten Unterschieden von Bundesland zu Bundesland - 1 Erzieher/in 13 bis 15 Kinder betreuen, in Krippen kommt 1 Erzieher/in auf 8 bis 10 Kinder. Das ist völlig unhaltbar, bei einem solchen Personalschlüssel ist eine angemessene Förderung nicht möglich. Wir fordern unter Berücksichtigung der Fehlzeiten und der KiTa-Leiterstelle einen effektiven Versorgungsschlüssel von 1 Erzieher/in auf 8 bis 10 Kinder in der KiTa und 1 Erzieher/in auf 4 Kinder in der Krippe. Zu solch konkreten Zusagen war keine Partei bereit. Offenbar glauben unsere Politiker, dass die Förderdefizite sozial benachteiligter Kinder vom Medizinsystem kompensiert werden könnten. Dies ist aber nicht möglich, obwohl es in Deutschland derzeit so praktiziert wird. Ergotherapie, Logopädie und Krankengymnastik können die fehlende Förderung in Familien nicht kompensieren, sie sind nur teuer und bringen für gesunde, aber sozial vernachlässigte Kinder nichts.“

Hartmann kritisiert ferner, dass alle Parteien es ablehnten, die Kosten der so genannten OTC-Präparate mit nachgewiesener Wirkung für Kinder ab dem zwölften Lebensjahr wieder den Kassen aufzuerlegen. OTC-Präparate sind auch ohne Rezept in der Apotheke erhältlich. Zu ihnen zählen u. a. die so genannten Antihistaminika, die zur Behandlung von Pollinosen (Heuschnupfen) oder mancher Formen des Asthma bronchiale unerlässlich sind. „Auch hier sind Kinder aus sozial schwachen Familien eindeutig benachteiligt, da Eltern teure Antihistaminika nicht kaufen können und auf billigere Präparate ausweichen. Diese machen jedoch müde und führen zu erheblichen Konzentrationsstörungen.“

Zuletzt fordert Hartmann die Parteien auf, ein klares „Ja“ zum Erhalt der Kinder- und Jugendmedizin als Regelversorgerin der ambulanten Grundversorgung der Kinder und Jugendlichen abzulegen. Erfreulich sei zwar, dass zumindest dem Anspruch der Allgemeinmediziner auf die alleinige Übernahme der Grundversorgung der Kinder und Jugendlichen eine Absage erteilt werde. „Wir hören in den Antworten der Parteien noch zu viele Zwischentöne, als dass wir von einem klaren Ja ausgehen könnten“, fasst Hartmann die Parteienstellungnahmen zusammen. „Es gilt, dass der Kinder- und Jugendarzt der für die Behandlung der Kinder und Jugendlichen besonders qualifizierte Arzt ist.“

Quelle: Pressemitteilung des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte 

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