Freiwilliges Engagement

Global denken, online handeln

Junge Internet-Aktivisten entwickeln neue Organisations-, Kampagnen- und Hilfeformen, die von jungen Leuten initiiert werden.

05.10.2009

Anna Vikky
Anna Vikky von 2aid.org: "Wir nutzten das Social Web sehr intensiv, denn 2aid.org entstand aus dem Social Web. Am Anfang waren wir nur zu zweit jetzt sind wir zu sechst, mit einem Online-Volunteer, und mit weiteren zahlreichen Freunden, die mit ihrem Können 2aid.org unterstützen. Bei 2aid.org kann jeder mitmachen, der Lust hat die Welt für uns alle besser zu gestalten."

Welche globalen Herausforderungen beschäftigen junge Menschen? Die Bertelsmann-Stiftung hat es in der im August 2009 veröffentlichten Studie „Jugend und die Zukunft der Welt“ herausgefunden. Die Liste wird von der Armut in vielen Ländern, den Folgen von Klimawandel und Umweltzerstörung und dem Mangel von Nahrung und Trinkwasser in vielen Ländern angeführt. Unpolitisch kann man diese Wahrnehmung nicht nennen, denn andere Themen, die die etablierte Politik weit mehr beschäftigen, wie die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen oder der internationale Terrorismus, folgen weit abgeschlagen. Jugendliche und junge Menschen reagieren auf die globalen Herausforderungen auch nicht passiv, wie das Lamento vieler Parteien um die schwindende Gunst der Jungwähler vermuten lässt. Junge Menschen stellen sich aber nicht mehr mit Sammelbüchsen in die Fußgängerzone oder gehen den langen Weg durch die Parteihierarchien, wenn sie etwas erreichen wollen. Sie führen erfolgreich Online-Kampagnen durch. Die junge Organisation 2aid.org ist ein gutes Beispiel dafür. 

2aid.org wurde im Juli 2009 von der 22jährigen Aachener Studentin Anna Vikky gegründet. Anna sagt: „Weltweit leben 1,2 Milliarden Menschen in absoluter Armut. Diese leben von weniger als 1,40 Euro am Tag, aufs Jahr gerechnet sind das 511 Euro. Hallo!! Das sind nicht einmal meine Semestergebühren.“ 
Anna weiß, wovon sie redet: „Schon als Kind habe ich erfahren müssen, wie meine Verwandten in Sri Lanka unter Armut litten. Auch später habe ich durch Freunde aus aller Welt mitbekommen, wie unvorstellbar schlimm das Leiden der Menschen unter Armut ist. Das Problem ist jedoch, dass wir einfach nicht viel davon sehen oder hören, weil es ganz weit von unserem Umfeld entfernt ist und jeder mehr oder weniger sein eigenes Leben lebt.“ 
Anna möchte nicht weiter weggucken und sie richtet auch den Blick anderer Menschen auf die Armut in der Welt. 2aid.org ist im Social Web unterwegs, pflegt Accounts bei TwitterFacebook, MeinVZ und Youtube. Nichts davon kostet Spendengeld, erreicht aber junge Menschen und beteiligt sie. „Wir haben über unser Hauptprojekt bei Facebook und Twitter abstimmen lassen“, sagt Anna Vikky, „zu Auswahl standen unter anderem Bildung, Wasser, Gesundheit, Green - die meisten Stimmen bekam das Thema Wasser“. Jetzt fördert Annas Organisation den Bau von Brunnen in Uganda. 

Nicht nur Anna und 2aid.org haben die Macht des Internets für soziale und humanitäre Zwecke entdeckt. Vor allem junge Aktivisten, die sich mit Umweltpolitik, Menschenrechten und Dritte-Welt-Politik beschäftigen, engagieren sich online und verändern die Formen des politischen Engagements und des sozialen Protests. Bekanntestes Beispiel ist die Plattform Campact. Ein Netzwerk von bisher 167.000 Aktivistinnen und Aktivisten mischt sich in aktuelle Tagespolitik ein – per E-Mail, Fax und Telefon oder durch über das Netzwerk initiierte Aktionen. Im Netzwerk Socialbar versucht man die Erfahrungen von Internet-Aktivisten für Andere nutzbar zu machen. Bei den lokalen Treffen kommen Aktivisten, NGOs, ehrenamtliche Helfer, Politiker und Unternehmen mit sozialer Verantwortung zusammen, um sich kennen zu lernen, Kontakte zu knüpfen, Erfahrungen auszutauschen und Kooperationen einzugehen. Nicht ohne Stolz nennt man sich Weltverbesserer.

Die Mobilisierungsfähigkeit des Internets beeindruckt auch „etablierte“ Organisationen. Amnesty International führt internationale Kampagnen inzwischen bei Facebook, Twitter und Myspace durch und bei der Gewerkschaft ver.di denkt man über per Internet organisierte Flashmobs nach. Wer das Internet für seine Ziele nutzen möchte, muss jedoch bedenken: Nicht nur die Verbreitung einer Botschaft über das Social Web ist wichtig, die Botschaft muss auch relevant sein und begeistern. Manche Partei musste im misslungenen Online-Wahlkampf genau diese Erfahrung machen.

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