Freiwilliges Engagement

Freiburger Diözesan-Caritasverband warnt vor gravierenden Konsequenzen der geplanten Zivildienstverkürzung

Mit deutlicher Kritik reagiert die Caritas in der Erzdiözese Freiburg auf die von der Bundesregierung jüngst beschlossene Verkürzung des Zivildienstes. Noch in diesem Jahr sollen der Wehr- und der Zivildienst von neun auf sechs Monate verringert werden.

26.05.2010

Freiburg (cpi) Für den Zivildienst ist vorgesehen, die Verkürzung durch die Möglichkeit einer freiwilligen Verlängerung von drei bis sechs Monaten auszugleichen. Diözesan-Caritasdirektor Bernhard Appel bewertet diesen Schritt als „faulen Kompromiss“, der viele negative Konsequenzen für alle Beteiligten nach sich ziehe. „Außer dem Ziel der FDP, auf diesem Weg das Aussetzen der Wehrpflicht politisch voranzutreiben, fehlt jede inhaltliche Begründung, die die nun eingeschlagenen Weg rechtfertigen würde“, erklärte Appel heute in Freiburg in einer ausführlichen Stellungnahme. Die Erklärung hat folgenden Wortlaut:

Der politische Kompromiss zwischen dem politischen Ziel der FDP die Wehrpflicht und damit den Zivildienst auszusetzen und der CDU, den Wehrdienst unverändert zu erhalten, geht zu Lasten vieler Beteiligten. Für viele Zivildienstleistende und alle an der Umsetzung des Zivildienstes Beteiligten ergeben sich gravierende, nachhaltige Konsequenzen.

Soziale Einrichtungen und Dienste haben bereits angekündigt, dass sie bei einer sechsmonatigen Einsatzdauer Zivildienstleistende nicht mehr im unmittelbaren Dienst am Menschen einsetzen werden. Der unverhältnismäßig hohe Aufwand der Einarbeitung und die Zumutung von häufig wechselnden Bezugspersonen für die betreuten Menschen werden dabei als besondere Hindernisse aus Sicht der Einsatzstellen genannt. Damit gehen attraktive und verantwortungsvolle Zivildienstplätze verloren und wird einer Trivialisierung des Zivildienstes Vorschub geleistet.

Gerade interessante und anspruchsvolle Einsatzfelder sind jedoch für die Ausgestaltung des Zivildienstes als sozialer Lerndienst von besonderer Bedeutung. Obwohl die Regierung an der Lerndienstperspektive für den Zivildienst festhalten möchte, unterläuft sie diese Zielsetzung durch die beabsichtigte Dienstzeitverkürzung. Der Lernprozess im Zivildienst ist sowohl auf entsprechende Erfahrungen aus konkreten Tätigkeiten angewiesen, als auch auf die Möglichkeit der Reflexion und der Bearbeitung inhaltlicher, fachlicher Themen in Form von Seminaren.

In seiner fast fünfzigjährigen Geschichte hat sich der Zivildienst zu einem wichtigen Sozialisationsfeld für junge Männer entwickelt. Neben fachlichen und sozialen Kompetenzen wird ebenso die Sensibilität für gesellschaftliche Randgruppen gefördert und die Perspektive für gesellschaftliches Engagement eröffnet. Ein sechsmonatiger Dienst wird hierfür nur noch sehr eingeschränkte Akzente setzen können.

Die Möglichkeit der freiwilligen Verlängerung eröffnet zwar die Perspektive für längere Einsatzzeiten, gleichzeitig entzieht sie den Einsatzstellen jede Planungssicherheit, da nach sechs Monaten der Dienstpflichtige seinen jederzeit beenden kann.

Der Wegfall von Einsätzen von Zivildienstleistenden im Pflege- und Betreuungsbereich wird zu massiven Einschränkungen bei der Lebensqualität alter, kranker und behinderter Menschen führen. Einsätze von Zivildienstleistenden in diesen Bereichen eröffneten den Einrichtungen und Diensten bislang Spielräume, zusätzliche Angebote in der Alltagsgestaltung für ihre Klienten zu ermöglichen.

Eine staatlich finanzierte freiwillige Verlängerung steht in der Umsetzung unter einem Haushaltsvorbehalt, da nur eine begrenzte Anzahl von Zivildienstleistenden die Verlängerungsoption in Anspruch nehmen kann. Würden mehr als 50 Prozent der Dienstpflichtigen ihren Einsatz um sechs Monate verlängern, wären zusätzliche Haushaltsmittel erforderlich, für die es bei der aktuellen Lage keine Spielräume gäbe.

Die Bundesregierung muss sich mit der Frage auseinandersetzen, warum „faule“ Kompromisse mehrheitsfähig werden, die so viele offensichtliche negative Konsequenzen nach sich ziehen. Außer dem Ziel der FDP, auf diesem Wege das Aussetzen der Wehrpflicht politisch voranzutreiben und der Konsequenz, dass einige Wehr- und Zivildienstleistende schneller an ihren Arbeitsplatz zurückkehren können, fehlt jede inhaltliche Begründung, die diesen nun eingeschlagenen Weg rechtfertigen würde.

Auch der begrüßenswerte Ausbau von Freiwilligendiensten wie zum Beispiel das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) wird die beschlossene Verkürzung des Zivildienstes nicht kompensieren können. 

Quelle: Caritas in der Erzdiözese Freiburg

ik

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