Flucht und Migration
Der PARITÄTISCHE Hamburg fordert durchgängige Sprachförderung und eine interkulturelle Äffnung der Schulen
"Nun gibt es noch eine weitere Studie, die belegt: Einwandererkinder sind die ärgsten Verlierer im deutschen Bildungssystem", kommentiert Brigitte Döcker, Mitglied des AWO Bundesvorstands, den Integrationsbericht der Bundesregierung, der am Mittwoch in Berlin vorgelegt wurde.
09.07.2010
"Doch statt jetzt wieder endlos zu lamentieren und virtuelle Debatten über die Ursachen zu führen, muss die Politik endlich reagieren und die bestehenden Barrieren in unserem Bildungssystem abschaffen", fordert Brigitte Döcker.
Die Lage der Migrantinnen und Migranten in Hamburg ist nach wie vor katastrophal - darauf weist der PARITÄTISCHE Hamburg mit Blick auf den „8. Bericht über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland“ hin, den die Bundesregierung in dieser Woche vorgestellt hat. Der Bericht belege u.a., dass Hamburgs Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund in der Kita, an den Schulen und Hochschulen sowie im Arbeitsleben strukturell diskriminiert würden. Mit einer Betreuungsquote bei den 3- bis 6-jährigen Kindern mit Migrationshintergrund von 72 Prozent zählte Hamburg bundesweit zu den Schlusslichtern (Durchschnitt der alten Bundesländer: 84 Prozent). „Die Ausgrenzung von Kindern mit Migrationshintergrund beginnt schon in der Kita“, sagt Joachim Speicher, Geschäftsführer des PARITÄTISCHEN Hamburg. Dies setze sich in der Schule und an den Hochschulen fort. Während sieben Prozent der Schüler ohne Migrationshintergrund die Schule in Hamburg ohne Abschluss verließen, seien es bei den Schülern mit Migrationshintergrund 15 Prozent. Während 43 Prozent der deutschen Schüler Abitur machten, schaffe dies mit 19,6 Prozent nur jeder fünfte Schüler mit migrantischen Wurzeln.
„Unser Bildungssystem schafft es nicht, das Potenzial einer multikulturellen Gesellschaft aufzugreifen und zu fördern. Stattdessen werden die Potenziale der Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund bisher weitestgehend ignoriert“, so Speicher.
Der PARITÄTISCHE Hamburg fordert die Einbindung von Migrantenorganisationen in die aktuelle Bildungsdebatte und appelliert an die Hamburgerinnen und Hamburger, sich im Volksentscheid für die Schulreform auszusprechen. „Die frühe Trennung nach der vierten Klasse zementiert soziale Ungleichheiten und raubt vielen Kindern Bildungs- und damit Zukunftschancen“, sagt Speicher, „in Deutschland hängt der Bildungserfolg eines Kindes stark von der sozialen und ethnischen Herkunft ab. Wer aus schwierigen sozialen Verhältnissen kommt, wird an unseren Schulen und Hochschulen benachteiligt. Wer zusätzlich noch - wie jeder dritte Hamburger Jugendliche - einen Migrationshintergrund mitbringt, hat kaum Chancen auf einen guten Abschluss.“
Der Verband fordert neben dem längeren gemeinsamen Lernen einen Ausbau der Sprachförderung von der Kita bis zum Schulabschluss, die interkulturelle Äffnung der Schulen sowie eine stärkere Vernetzung mit außerschulischen Partnern wie Migrantenorganisationen, Jugendhilfe und Jugendsozialarbeit. Darüber hinaus müsse die Anerkennung ausländischer Abschlüsse und Berufsqualifikationen erleichtert werden, um die Berufschancen der Migranten zu verbessern.
Quelle: Der PARITÄTISCHE Hamburg
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