Flucht und Migration
Bericht im Kabinett: Unbegleitete Minderjährige meist gut versorgt, Gesundheitszustand aber oft angegriffen
Die Versorgung der unbegleiteten Minderjährigen erfolgt bedarfsgerecht und gut. Mit großem Tempo wurden die notwendigen Strukturen hierfür in der Kinder- und Jugendhilfe aufgebaut. Dennoch seien Weiterentwicklungen in den Sozialsystemen nötig. Zu diesem Ergebnis kommt der 1. Bericht zur Situation von unbegleiteten ausländischen Minderjährigen, den die Bundesregierung heute (15.03.2017) verabschiedet hat.
15.03.2017
Unter den vielen Flüchtlingen in Deutschland sind zahlreiche Kinder und Jugendliche, die ohne ihre Familien aus ihren Herkunftsländern gekommen sind. Sie haben, wie alle Kinder hierzulande, ein Recht darauf, dem Kindeswohl entsprechend untergebracht, versorgt und betreut zu werden. Das betont die Bundesregierung anlässlich der Beschlussfassung des 1. Berichts zur Situation von unbegleiteten ausländischen Minderjährigen.
Es ist die erste umfassende Bestandsaufnahme seit Inkrafttreten des <link https: www.bundesregierung.de content de artikel external-link-new-window der bundesregierung zur verabschiedung des> Gesetzes zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung unbegleiteter ausländischer Kinder und Jugendlicher am 1. November 2015. Der Bericht wurde vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) erstellt und heute (15.03.2017) vom Bundeskabinett verabschiedet.
Fazit: Das Verfahren zur bundesweiten Aufnahme wird von den Ländern und Kommunen verantwortungsvoll umgesetzt und funktioniert im Wesentlichen gut.
Fachkräfte haben großartiges geleistet
Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig dankte den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kinder- und Jugendhilfe vor Ort, die gerade auch in der akuten Notsituation Ende 2015 und Anfang 2016 Großartiges geleistet hätten:
"Kinder und Jugendliche, die allein nach Deutschland geflüchtet sind und hier auf sich selbst gestellt sind, gehören zur schutzbedürftigsten Personengruppe überhaupt. Dass wir ihnen ein neues Zuhause bieten und sie gut versorgen können, verdient größte Anerkennung. Dennoch gibt es natürlich Probleme. So fehlt es in einigen Kommunen an personellen Ressourcen oder an bedarfsgerechten Unterbringungsmöglichkeiten. Außerdem stellt der Bericht großen Qualifikationsbedarf bei den Fachkräften fest, vor allem hinsichtlich des Ausländerrechts", so Manuela Schwesig.
Zahl der Inobhutnahmen rückläufig
Die Entwicklung der Zahlen unbegleiteter Minderjähriger zeigen, dass die Einführung einer bundesweiten Aufnahme der unbegleiteten Minderjährigen dringend erforderlich war. Am 1. Februar 2017 waren 43.840 unbegleitete Minderjährige in Zuständigkeit der Kinder- und Jugendhilfe. Der Höchststand war Ende Februar 2016 mit 60.638 unbegleiteten Minderjährigen erreicht.
Die Zahl der jungen Volljährigen in der Jugendhilfe steigt demgegenüber: Zwischen November 2015 und Februar 2017 von knapp 6.400 auf 18.214. Mehr als 90 Prozent der Minderjährigen und jungen Volljährigen sind männlich. Die häufigsten Herkunftsländer sind Afghanistan, Syrien und der Irak.
Versorgung erfolgt bedarfsgerecht und gut
Der Bericht belegt, dass die unbegleiteten Minderjährigen in der Regel gut und bedarfsgerecht versorgt werden. Mit großem Tempo wurden die dafür nötigen Strukturen in der Kinder- und Jugendhilfe geschaffen.
Die Unterbringung erfolgt vor allem in stationären Einrichtungen oder betreuten Wohnformen. Gast- und Pflegefamilien spielen bislang keine große Rolle. Notunterkünfte, wo die Kinder und Jugendlichen bis Anfang 2016 wohnten, kommen nicht mehr vor.
Gesundheitszustand oftmals angegriffen
Der Gesundheitszustand ist bei der Mehrzahl der Jugendlichen gekennzeichnet durch fluchtbedingte extreme Belastungen und damit zum Teil einhergehenden Beeinträchtigungen der körperlichen Gesundheit. Auch psychische Belastungen kommen öfter vor.
Die Familienverhältnisse der in Deutschland ankommenden und hier lebenden unbegleiteten Minderjährigen sind oftmals noch ungeklärt. Bei einem nicht unerheblichen Teil handelt es sich um Halbwaisen oder Waisen.
Bedürfnisse der unbegleiteten Minderjährigen
Die Bedürfnisse der unbegleiteten Minderjährigen sind vor allem eine geeignete Unterbringung, Sprachförderung, medizinische Versorgung und Zugang zu Bildung.
Wichtig ist auch die Möglichkeit, sich an Freizeitaktivitäten zu beteiligen. Ebenso sollen die Kinder und Jugendlichen die Gelegenheit haben, den Kontakt zur Heimat aufrecht zu erhalten. Der Bericht zeigt, dass dies gut gelingt.
Bestellung eines Vormunds wichtig
Zentrale Bedeutung für die Lebensgestaltung, die Sicherung des Kindeswohls und eine gelingende Integration ist die Bestellung eines Vormunds für die unbegleiteten Minderjährigen. Diese dauert zwischen wenigen Tagen und mehreren Wochen.
Bei den bestellten Vormundschaften handelt es sich in erster Linie um Amtsvormundschaften. Ehrenamtliche Vormünder sind eher die Ausnahme. Ein Vormund begleitet die jungen Flüchtlinge, hilft bei Ämtergängen oder der Wohnungssuche.
Weiterentwicklung in den Sozialsystemen notwendig
Länder, Kommunen und Fachverbände sehen großen Weiterentwicklungsbedarf vor allem im Hinblick auf: das Ineinandergreifen der Sozialsysteme einschließlich der Zugänge zu Aus-/Bildungsangeboten, die gesundheitliche und psychosoziale Versorgung, die Kooperation von Ausländer- und Jugendbehörden sowie die Qualifikation von Fachkräften und Vormündern.
Hintergrund
Für den ersten Bericht zur Situation von unbegleiteten ausländischen Minderjährigen in Deutschland wurden Länder, Kommunen und Fachverbände befragt. Zudem wurden zur Erfüllung des Untersuchungsauftrags amtliche Statistiken, Verwaltungsdaten und der Stand der Forschung zu unbegleiteten Minderjährigen ausgewertet.
Quelle: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und Presse- und Informationsamt der Bundesregierung vom 15.03.2017
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