Qualifizierung

Baden-Württemberg will Umschulung zum Erzieher und Altenpfleger erleichtern

Angesichts des Fachkräftemangels in Pflege und Erziehung wollen das Kultusministerium, das Sozialministerium und die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit mehr Menschen als bisher für eine Umschulung in diesen Bereichen gewinnen.

30.07.2013

Deshalb wurde jetzt vereinbart, dass die Bundesagentur für Arbeit in den kommenden beiden Schuljahren erstmals die Kosten für entsprechende Umschulungen an den staatlichen beruflichen Schulen im Land übernimmt. Bislang mussten Umschülerinnen und Umschüler diese Bildungsmaßnahme aus eigener Tasche bezahlen. „Wir setzen ein deutliches Zeichen gegen den Fachkräftemangel in Pflege und Erziehung und eröffnen mehr Menschen als bisher eine Perspektive in krisensicheren Berufen“, erklärten Marion v. Wartenberg, Staatssekretärin im Kultusministerium, Jürgen Lämmle, Amtschef im Sozialministerium und Eva Strobel, Leiterin der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit in Baden-Württemberg am 25. Juli in Stuttgart. Sie äußerten die Erwartung, dass die Zahl der Umschüler in diesen Berufszweigen in den kommenden Jahren erkennbar zunimmt.

Voraussetzung für diese Förderung ist eine Zertifizierung der Schulen. Aufgrund rechtlicher Regelungen im Sozialgesetzbuch III war es der Bundesagentur für Arbeit in Baden-Württemberg bislang nicht möglich, entsprechende Umschulungen im Land zu finanzieren. Erlaubt war eine Förderung nur dann, wenn der Schulträger nach der vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Jahr 2012 erlassenen Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung Arbeitsförderung (AZAV) zertifiziert war. Der Vereinbarung vorausgegangen war deshalb die Zusage des Landes, die Zertifizierung der öffentlichen Schulen in Baden-Württemberg in den beiden kommenden Schuljahren zunächst zu erproben. Ziel ist, möglichst alle 53 öffentlichen Schulen, an denen Umschulungen im Pflege- und Erziehungsbereich möglich sind, entsprechend bundesrechtlicher Vorgaben zertifizieren zu lassen. Baden-Württemberg ist zwar – wie die meisten anderen Bundesländer auch – nach wie vor gegen diese Zertifizierungspflicht. „Da staatliche und staatlich anerkannte Schulen in Baden-Württemberg unter ministerieller Aufsicht stehen und ohnehin einer strengen Qualitätskontrolle unterliegen, hat Baden-Württemberg eine solche unnötige und darüber hinaus äußerst kostenintensive Doppelüberprüfung stets verweigert“, erklärte Marion v. Wartenberg. Aufgrund des jetzt vereinbarten vereinfachten Zertifizierungsverfahrens mit einem deutlich geringeren Kosten- und Zeitaufwand für den Landeshaushalt und die betroffenen Schulen wurden die Bedenken aber zurückgestellt. Die Landesregierung stellt für die Zertifizierungen zwischen 2013 und 2015 fast 330.000 Euro zur Verfügung.

Die Regionaldirektion Baden-Württemberg der Bundesagentur für Arbeit begrüßt die Entscheidung des Landes. „Gerade in den Engpassberufen Pflege und Erziehung wird ein dringend benötigtes flächendeckendes Bildungsangebot geschaffen. Das ist ein entscheidender Baustein zur Fachkräftesicherung in unserem Land“, sagte Eva Strobel, Leiterin der Regionaldirektion Baden-Württemberg.

Die Staatssekretärin im Kultusministerium zeigte sich zufrieden, dass es in harten Verhandlungen gelungen sei, der Bundesregierung ein vereinfachtes Zertifizierungsverfahren abzuringen. Dennoch werde sich die Landesregierung auf Bundesebene auch weiterhin für die Abschaffung der Zertifizierungspflicht für staatliche und staatlich anerkannte berufliche Schulen einsetzen, betonte die Staatssekretärin: „Qualitätskontrollen sind wichtig und richtig. Doppelte Überprüfungen sind jedoch überflüssig, sie verursachen unnötige Mehrkosten und behindern den Kampf gegen den Fachkräftemangel.“

Ähnlich äußerte sich Ministerialdirektor Jürgen Lämmle zu der gefundenen Lösung. „Der baden-württembergische Weg zeigt, dass alle Beteiligten im Land ein starkes gemeinsames Interesse daran haben, eine Lösung für den Pflege- und Erziehermangel zu finden“, betonte der Amtschef im Sozialministerium. Angesichts der steigenden Nachfrage nach Fachkräften in den Bereichen der Pflege und Erziehung sei die Bundesregierung aufgefordert, unsinnige Regelungen zu hinterfragen und abzuschaffen.

Durch die neue Regelung können die Arbeitsagenturen und Jobcenter im Land bereits jetzt, während der Zertifizierungsphase, Arbeitslose an öffentlichen Schulen, die zu einem anerkannten Abschluss in den Berufsbereichen Altenpflege, Erziehung und Gesundheits- und Krankenpflege führen, aktiv fördern. „Damit können wir die Menschen landesweit künftig noch besser bei Ausbildung, Weiterbildung und Qualifizierung in diesen Berufsfeldern unterstützen“, so Eva Strobel.

Der Ministerrat hatte am 23. Juli 2013 über eine Erprobung der Zertifizierung entschieden. Die Erprobung in den beiden kommenden Schuljahren soll aufzeigen, wie viele der dringend benötigten Fachkräfte über diesen Weg zusätzlich gewonnen werden können. Aufbauend auf den Ergebnissen der Erprobung wird der Ministerrat im Jahr 2015 endgültig über die Zertifizierung von öffentlichen beruflichen Schulen nach AZAV entscheiden.

Grundlage für die AZAV-Zertifizierung ist beispielsweise der Nachweis des Einsatzes von qualifizierten Fachkräften und pädagogisch-didaktisch angemessener Methoden im Ausbildungsbereich. Auch der Zustand und die Ausstattung der Lehrräume sind wichtig. Das vereinfachte Verfahren soll nun dafür sorgen, dass die AZAV-Zertifizierung mit möglichst geringem Aufwand gelingt. Es werde überlegt, am Regierungspräsidium Stuttgart eine Stelle einzurichten, die die landesweite Trägerrolle übernimmt und sich gemäß der AZAV zertifizieren lässt. Das Landesinstitut für Schulentwicklung soll die Rolle als fachkundige Stelle übernehmen. So könne der Aufwand für die öffentlichen beruflichen Schulen gering gehalten werden, erklärte v. Wartenberg: „Sie werden nur stichprobenartig und in größeren Zeitabständen überprüft“.

Quelle: Baden-Württemberg.de vom 25.07.2013

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