Sozialpolitik

Armutskonferenz kritisiert Regierungsbilanz und fordert entschlossene Sozialpolitik

Die Nationale Armutskonferenz (nak) zieht nach 100 Tagen Bilanz und übt scharfe Kritik an der neuen Bundesregierung. 3 Millionen Kinder und mehr als jede dritte Alleinerziehende lebten in Deutschland in Armut. Die konkreten Maßnahmen im Kampf gegen Kinderarmut würden „auf die lange Bank“ geschoben. Am Wohnungsmarkt zeichne sich eine weitere Notsituation ab. Die Not der Ärmsten dürfe nicht über den Flüchtlingsstreit der Unionsparteien vergessen werden.

25.06.2018

Am 21. Juni regierte regierte die große Koalition seit 100 Tagen. Nach den Medienberichten dominiert der Streit um Flüchtlinge zwischen CDU und CSU die Koalition. „Wir fragen uns: war da noch wer und etwas anderes?“ verleiht Barbara Eschen, Sprecherin der Nationalen Armutskonferenz, ihrer Irritation Ausdruck. „Seit Jahren steigen die Armutszahlen in Deutschland, obwohl die Arbeitslosigkeit sinkt. 3 Millionen Kinder und mehr als jede dritte Alleinerziehende leben in Armut. Die prekäre Beschäftigung ist auf dem Vormarsch. Es gibt genug Handlungsbedarf in der Armutsbekämpfung.“ Statt die wichtigen sozialpolitischen Themen anzupacken, zerlege sich die Union in der
Frage, wie man Menschen in Not am Besten abwehren kann und die SPD sehe staunend zu.

Maßnahmen gegen Kinderarmut auf der langen Bank

Im Koalitionsvertrag gebe es immerhin ein paar Ansatzpunkte im Kampf gegen Kinderarmut. „Das Mittagessen in den Schulen soll für arme Kinder kostenlos sein, das Schulbedarfspaket solle erhöht werden. So steht es im Koalitionsvertrag würde diese Unterstützung direkt bei den Ärmsten ankommen. Statt an dieser Stelle mit einem Sofortprogramm für schnelle Hilfe zu sorgen, schiebt die Koalition Maßnahmen gegen Kinderarmut auf die lange Bank“,
kritisiert Eschen. Stattdessen wurde das Kindergeld erhöht und direkt auf Hartz IV angerechnet, so kommt von der Hilfe bei den Hilfsbedürftigen nichts an. „Auch die Reform des Kinderzuschlags steckt noch in den Kinderschuhen“, beobachtet die Sprecherin der Nationalen Armutskonferenz. Die angekündigte Entbürokratisierung familienpolitischer Leistungen sei nur noch ein lauwarmer Prüfauftrag ans Ministerium.

Eine weitere besondere Notsituation zeichnet sich auf dem Wohnungsmarkt ab. Immer mehr Menschen können sich die steigenden Mietkosten nicht mehr leisten, Menschen, die bereits in Armut sind, finden keine Bleibe oder werden von
Mietwucher überrascht. Vor allem in Ballungsgebieten und Großstädten ist die Lage alarmierend.

Hoher Handlungsbedarf, um Armut zu überwinden

Die Gesundheitsversorgung muss ebenfalls zugänglicher werden. Vor allem auf dem Gesundheitssektor wird deutlich, dass Armut und Gesundheit eng verknüpft sind. Die Präventionsmaßnahmen und die niedrigschwellige Hilfe und
Unterstützung reicht bei Weitem nicht aus. Studien belegen deutlich, dass es einen Zusammenhang zwischen Armut und Gesundheit bzw. der Höhe der Lebenserwartung gibt.

Insgesamt gäbe es einen hohen Handlungsbedarf, um Armut zu überwinden. „Existenzsicherende Regelsätze, ein Ende existenzbedrohlicher Sanktionen, klare Regeln für gute Arbeit, eine soziale Beschäftigungsförderung nicht erst nach Jahren der Arbeitslosigkeit und ein höherer Mindestlohn - das sind nur einige Stichworte für eine dringend notwendige sozialpolitische Agenda“, fasst Eschen zusammen. „Statt dem Schwesterstreit zuzusehen, fordern wir die SPD auf, ihr soziales Profil zu schärfen und sich darauf zu fokussieren. Es kann nicht sein, dass Hilfen für die Ärmsten in Deutschland im Unionsstreit einfach vergessen werden und ansonsten so getan wird, als wäre die Hauptbedrohung für die in Deutschland Lebenden die Hilfe für Menschen in Not.“ Vielmehr sei eine entschlossene Sozialpolitik gefragt. Außerdem soll die Große Koalition nach 100 Tagen an ihr Versprechen erinnert werden, nah an den Menschen und ihren sozialen Bedürfnissen zu sein und auf diese einzugehen. Eschen: „Soziale Politik ist die beste Hilfe gegen soziale Verunsicherung. Es wäre an der Großen Koalition, das nun endlich deutlich zu machen.“

Quelle: Nationale Armutskonferenz (nak) vom 21.06.2018

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