Flucht und Migration

60 Jahre Gastarbeiter: Keiner muss seine Wurzeln vergessen

Es ist nicht so einfach, in die deutsche Gesellschaft hineinzuwachsen, sagte Bundeskanzlerin Merkel bei der Veranstaltung "60 Jahre Gastarbeiter in Deutschland". Die Kanzlerin würdigte die Lebensleistungen der Gastarbeiter und dankte den Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland für ihre Integrationsbereitschaft.

07.12.2015

Was Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter, die in den 50er und 60er Jahren gekommen waren, damals geleistet hätten, sei nicht einfach gewesen. Sie wurden "ins kalte Wasser geworfen" und mussten sich bewähren, unter neuen Kollegen ankommen, zum großen Teil noch ohne Familie und in spartanischen Unterkünften. "Das ist eine riesige Leistung", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrem Grußwort zur Veranstaltung "60 Jahre Gastarbeiter in Deutschland" im Bundeskanzleramt.

Kanzlerin dankt Gewerkschaften

Den Gewerkschaften sei der erste große Integrationsschritt zu verdanken. Sie seien die Ersten gewesen, die "die Selbstbehauptung, die Gleichberechtigung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus Gastländern gefördert haben". Die Gewerkschaften hätten sich darum gekümmert, die Anliegen der Gastarbeiter als Teil der Betriebsräte zu unterstützen, so Merkel.

Darüber hinaus dankte die Kanzlerin den deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die damals in den Betrieben tätig waren: "Sie waren aufgeschlossen, während andere die Gräben noch nicht überwunden hatten."

Versäumnisse der Nachkriegsgeschichte

Die Staatsministerin für Integration Aydan Özoğuz bezog sich in ihrer Eröffnungsrede auf den ersten Ausländerbeauftragten Heinz Kühn, der 1978 sein Amt antrat. Kühn habe bereits damals die Intensivierung von Integrationsmaßnahmen und das Recht auf Einbürgerung gefordert.

"Leider wurden diese Forderungen in den 80er Jahren noch nicht umgesetzt, weil wir noch nicht so weit waren. Ich glaube, es ist eines der größten Versäumnisse der Nachkriegsgeschichte, dass wir nicht auf Sprachkurse, nicht auf Integrationskurse gesetzt haben", sagte Özoğuz.

Appell an Integrationsbereitschaft

Im Zusammenhang mit der Integrationsdebatte appellierte Merkel an die Offenheit beider Seiten - der Flüchtlinge und der Deutschen. Für die nächsten 60 Jahre wünsche sich die Kanzlerin, dass "Integration als Bereicherung" verstanden wird, "als eine doppelseitige Sache". Integration erfordere die Offenheit der Gesellschaft, die Migranten aufnimmt, ebenso wie die Offenheit derer, die aufgenommen werden wollen, so Merkel. 

Selbstbewusstsein der Migranten stärken

Darüber hinaus betonte die Kanzlerin, dass Integration ein Thema sei, über das stetig gesprochen werden müsse. Es sei schade, dass immer wieder parallele Organisationen entstehen, wie zum Beispiel ein türkischer Arbeitgeberverband, sagte die Kanzlerin: "Dann frage ich: Warum kommt ihr nicht in den BDI? Dann wird mir gesagt, wir müssen noch ein bisschen stärker werden und dann werden wir vielleicht auch mal mit den anderen zusammenarbeiten. Da möchte ich Ihnen sagen, seien Sie selbstbewusst, Sie haben allen Grund dazu, Sie sind herzlich willkommen hier, Sie sind ein Teil von uns."

In zwei Ländern "ein bisschen zu Hause zu sein", sei aus Sicht der Kanzlerin ein Plus. "Wenn wir heute über die Welt reden, dann spüren wir doch, dass sie zusammenwächst, dann spüren wir, dass man sich in Europa auskennen muss, dass man sich in der Welt auskennen muss."

Das erste Anwerbeabkommen für Gastarbeiter schloss die Bundesrepublik am 20. Dezember 1955 mit Italien. Es folgten Abkommen mit Griechenland und Spanien (1960), der Türkei (1961), Marokko (1963), Portugal (1964), Tunesien (1965) und dem ehemaligen Jugoslawien (1968).

Quelle: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung vom 07.12.2015

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